Ich hatte mich ja schon darauf eingestellt, dass die erste Chemo in diesem Jahr nach ca. 10-wöchiger Pause kein Zuckerschlecken wird. Doch nachdem ich die Woche des Kortisonentzugs relativ gut überstanden hatte, ging es los. Mein Bauch schwoll auf die Größe eines Heißluftballons an und ich konnte kaum noch etwas essen oder trinken. Das Ganze drückte auf den Magen und verursachte Übelkeit und leichte Krämpfe. Keine Blähungen (eine halbe Packung Lefax brachte gar nichts) – es war völlig unerklärlich. Hinzu kam dann noch 39° Fieber. Im Internet kann man zu diesen Symptomen die erschreckendsten Erkrankungen finden. Die meisten hatten was mit der Leber zu tun. Bei einigen hätte ich sofort in die Notaufnahme gemusst. Mein Freund, der an diesem Wochenende zum Glück bei mir war und mich liebevoll umsorgte, sagt mir ständig, ich solle nicht im Netz recherchieren. Aber ich kann es einfach nicht lassen. Wir einigten uns darauf, dass ich am folgenden Sonntag meine Onkologin auf der Notrufnummer ihres Handys anrufen würde, wenn sich mein Zustand nicht veränderte. Zum Glück ging es mir am Sonntag nach 12 Stunden Schlaf schon etwas besser – das Fieber war weg. Ich war zwar noch recht wackelig auf den Beinen, aber die Bauchschwellung ging zurück und ich konnte wieder essen und trinken. Auch am Montag stand ich noch etwas neben mir, doch es ging weiter bergauf.
Am Dienstag hatte ich dann den turnusmäßigen vierteljährlichen Ultraschall Herz Check-Up bei meinem Internisten. Eine Nebenwirkung des Antikörpers Trastuzumab, der in meiner Chemo integriert ist, kann nämlich die Schwächung des Herzmuskels zur Folge haben. Mit dem Herzen war zum Glück alles in Ordnung – außer, dass es irgendwie nicht mehr am rechten Fleck sitzt. Es hat den Platz gewechselt. Das ist aber auch kein Wunder, denn durch die Entfernung der linken Lungenhälfte ist da ja nun auch jede Menge Raum und wenn’s halt wo anders schöner ist… was soll’s! Bei der Gelegenheit verdonnerte ich den Internisten aber gleich dazu, meine Leber mit dem Ultraschall genauer zu untersuchen. Mein Verdacht wegen der Probleme am vergangenen Wochenende richtete sich nämlich stark auf die Leber. Immerhin hatte sie durch die Bestrahlung einiges an Kollateralschaden abbekommen und die Gamma-GT Werte waren in Folge gestiegen. Meine Chemo hat dann das Übrige dazu beigetragen, die kann nämlich nicht nur den Herzmuskel zerstören, sondern schlägt auch stark auf die Leber. Mein Internist konnte auf dem Ultraschall immerhin sehen, dass die Leber „gestresst“ ist. Sie war leicht vergrößert – wie übrigens auch die Milz und wirkte heller. Das bedeutet eine medikamentenbedingte Verfettung der Leber. Der Internist war aber noch ganz entspannt. Er meinte, das würde sich alles wieder zurückbilden, man müsste es nur im Auge behalten. Er sah sich noch den Unterbauch an, konnte aber keine Wassereinlagerungen oder ähnliches erkennen. Es bestand keine akute Gefahr und ich war schon mal ein wenig beruhigt. Mir wurde noch Blut abgenommen, unter anderem auch, weil ich meinen aktuellen Vitamin D-Wert wissen wollte. Sowas muss man allerdings selbst bezahlen, aber ein bis zweimal im Jahr ist es mir das wert. Ich habe einiges darüber gelesen und bin davon überzeugt, dass ein Vitamin-D Mangel das Wachstum von Krebs begünstigen kann.
Am Nachmittag fuhr ich nach Hamburg zu meiner TCM-Heilpraktikerin für meine regelmäßige Akkupunktur. Ich erzählte ihr von meinen Problemen am Wochenende, meinem Termin beim Internisten und der gestressten Leber. Sie hatte mir im vergangenen Jahr schon einmal einen sensationellen chinesischen Tee verordnet – damals zur Stärkung des Chis. Ich fragte sie also, ob es etwas Vergleichbares für die Leber gibt. Natürlich gibt es das. In der chinesischen Medizin ist die Leber ein sehr wichtiges Organ, von dem viele Krankheitsbilder abgeleitet werden. Sie versprach mir, einen entsprechenden Heilkräutertee für mich zusammenstellen zu lassen. Dieser wird durch eine spezielle Apotheke zubereitet, die den Tee dann direkt an mich verschickt. Der Spaß ist nicht ganz billig – und natürlich zahlt ihn keine Krankenkasse. Vierzehn Tage Tee kosten rund 40 Euro. Aber der Tee ist jeden Cent wert! Meine Heilpraktikerin hat mich vorgewarnt, dass er extrem bitter sein wird und nach dem ersten Schluck war ich mir sicher, dass ich das Zeug niemals runterbekommen würde. Trotz einem Teelöffel Honig, schmeckte der Tee wie Galle. Doch wundersamer Weise konnte man ihn nach dem zweiten und dritten Schluck immer besser trinken und mittlerweile mag ich den Geschmack des Tees sogar recht gern. Das Erstaunlichste am Tee war aber, dass es mir danach deutlich besser ging. Er schien wirklich eine deutlich positive Wirkung auf die Leber zu haben. Einen Wermutstropfen habe ich mir dann aber leider selber verpasst, weil ich durch Zufall – bei einer meiner geliebten Internetrecherchen eine naturheilkundliche Seite gefunden habe, auf der verschiedene Hausmittel bei Leberproblemen erläutert wurden. Mein Freund hätte natürlich wieder mit mir geschimpft – er hält eben nichts von meinem kleinen Internet-Medizinstudium. Auf dieser Web-Site stand nun leider, dass es ein chinesisches Heilkraut – die Schisandrabeere – gibt, die die Leberwerte sofort signifikant reduziert. Allerdings soll dies keinen Effekt auf den wirklichen Zustand der Leber haben. Der Leber des Patienten könnte es dadurch sogar noch schlechter gehen und man würde sich in falscher Sicherheit wiegen. Hinzu kommt, dass diese Beere meist völlig überteuert und biologisch unkontrolliert als Kapseln über das Internet vertrieben wird. Das hat mich natürlich stark beunruhig und ich habe sofort die Zusammensetzung des Tees studiert, die die Apotheke natürlich mitgeliefert hatte. Siehe da, die Schisandrabeere ist zu 10% enthalten. Leider waren auf der naturheilkundlichen Internetseite keine Verweise auf Studien oder ähnliches angegeben, die die Aussagen untermauern würden. Daher weiß ich nicht, woher die Verfasser die Infos über die scheinbar umstrittene Schisandrabeere überhaupt hatten. Weitere Recherchen zum Thema ergaben zumindest nicht Negatives. Im Gegenteil – ich fand diverse Studien aus Asien, wonach diese Beere sensationelle Erfolge in der Behandlung von Leberleiden feiert. Dass es in Europa dazu keine Studien gibt, ist nicht weiter verwunderlich. Immerhin gehört dieses Heilkraut zur traditionellen chinesischen Medizin. Ich beschloss also, meiner Heilpraktikerin, der Apotheke und dem Tee zu vertrauen und ihn weiterhin zu trinken.
In der folgenden Woche sollte dann die zweite Chemo in diesem Jahr starten. Wie immer, gehe ich zwei Tage vorher zum Blutbildcheck bei meiner Onkologin. Bei der Gelegenheit ließ ich mir auch die Blutwerte meines Internisten (der im gleichen MVZ arbeitet) aus der Vorwoche geben – hauptsächlich, um meinen Vitamin D Wert zu überprüfen. Die Blutwerte hatte er ja im Rahmen des Herz- und Leberchecks abgenommen und zwar noch einige Tage vor meinem ersten Schluck Lebertee. Als ich einen Blick auf den Zettel warf, erschrak ich zutiefst. Nicht nur die Gamma-GT Werte (die sehr schnell auf alles mögliche reagieren) waren exorbitant in die Höhe geschnellt, sonders auch die beiden Werte GPT und GOT. Diese Werte bewegen sich normalerweise nur langsam und zeigen langfristige Leberschäden an. Auf einmal waren diese beiden Werte mehr als dreimal so hoch, wie sie eigentlich hätten sein dürfen. Ich erzählte das der Schwester, die mir Blut abnahm und bat eindringlich darum, erneut die Leberwerte zu überprüfen. Sollten sie jetzt – eine Woche später – immer noch so hoch sein, könnte ich meines Erachtens erstmal keine weitere Chemo bekommen. Die würde das Problem nämlich noch verschlimmern. Ich bat daher darum, dass meine Onkologin sich am nächsten Tag telefonisch wegen der Blutwerte und der weiteren Vorgehensweise bei mir melden soll. Zu Hause trank ich weiterhin brav meinen Lebertee.
Meine Onkologin meldete sich am nächsten Vormittag und meinte, sie verstünde meine Panik gar nicht, denn die Werte GOT und GPT wäre fast im Normalbereich und so niedrig wie schon sehr lange nicht mehr. Der Gamma-GT wäre zwar erhöht, aber das war auch schon mal deutlich schlimmer. Ich erzählte ihr von meinen Leberproblemen nach der letzten Chemo sowie vom Blutbild des Internisten und sie war sehr erstaunt darüber. Sie konnte sich das nicht erklären und meinte, dass es sich möglicherweise um eine Art Gallenstau gehandelt hatte, der kurzfristig diese Veränderungen und Symptome hervorgerufen hat. Sie meinte jedoch, die Chemo könnte stattfinden, allerdings wollten wir diesmal zur Sicherheit bereits nach 10 Tagen einen Blutcheck machen, um die Veränderung der Leberwerte im Auge zu behalten. Tja – vielleicht war es ein Gallenstau, aber ich glaube, dass der Lebertee die wundersame Veränderung bewirkt hat. Das behielt ich aber lieber für mich. Meine Onkologin weiß zwar von meiner TCM-Heilpraktikerin, aber sie ist nun mal zu sehr Schulmedizinerin, als dass man mit ihr ausführlicher über alternative Heilmethoden sprechen könnte.
Die nächste Chemo fand also planmäßig statt und ich reduzierte meine Kortisondosis ein wenig, da ich das letzte Mal recht gut klar gekommen war. Ich überstand die Woche nach Absetzen des Kortisons auch ziemlich gut. Ich trank zweimal am Tag meinen Lebertee und alles blieb ruhig. Stattdessen bekam ich allerdings einen blöden Reizhusten. Es war extrem kalt geworden und es hatte mehrfach geschneit. Ich schippte Schnee, hustete und schwitzte wegen der Anstrengung und atmete die eisige Luft. Natürlich hätte ich diese Aufgabe meinen Kindern überlassen sollen. Allerdings wäre sie dann frühestens am Nachmittag erledigt worden und bis dahin wären sämtliche Post- und Paketboten im Schnee vor unserer Tür festgefroren. Außerdem – ich muss es eingestehen – obwohl Schneeschippen so anstrengend für mich ist, ich liebe es! Der Reizhusten wurde im Laufe der kommenden Tage etwas schlimmer, aber es ging mir ansonsten recht gut. Ich fuhr am Dienstag erneut zur Akkupunktur, berichtete von dem sensationellen Erfolg des Tees und orderte einen neuen Vorrat. Nachmittags bekam ich leichtes Fieber und Kopfschmerzen. Am nächsten Morgen war das Fieber weg, kam dann aber pünktlich gegen 15 Uhr zurück. Die Kopfschmerzen auch. Zusätzlich bemerkte ich eine Verschlechterung meiner Kurzatmigkeit und ich zählte die Symptome zusammen: Reizhusten, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen, Fieber… ein schlimmer Verdacht kam in mir auf. Könnte es Corona sein? Was sollte ich nur tun? Ich hatte am nächsten Tag meinen turnusmäßigen CT-Termin und der war ausgesprochen wichtig. Doch konnte ich mit diesen Symptomen ungetestet zum CT gehen? Wohl eher nicht. Ich rief meine Onkologin auf der Notfall-Handynummer an und sie riet mir dazu unbedingt am nächsten Tag einen Corona-Test beim Hausarzt zu machen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür nicht hoch ist. Den CT-Termin sollte ich um einige Tage verlegen. Zum Glück klappte die Verlegung des CT-Termins auf den kommenden Montag. Ich hatte also nur vier Tage verloren.
Am nächsten Morgen fuhr ich zu einem vorher telefonisch abgesprochenen Termin zu meinem Hausarzt und wartete dort vor der Tür, bis eine der Schwestern in vollem Schutzornat mit Teststäbchen bewaffnet vor die Tür trat und den Abstrich vornahm. Zunächst kam das Stäbchen in den Rachen und anschließend prokelte sie damit durch die Nase noch Teile des Gehirns raus. Sie war also sehr gründlich. Das Ergebnis wurde mir am nächsten Morgen telefonisch mitgeteilt – negativ! Ich war unfassbar erleichtert. Allerdings hatte ich immer noch die Krankheitssymptome und die verschlechterten sich dramatisch. Es war Freitag und das Wochenende stand bevor. Ich hustete mir die Seele aus dem Leib, bekam nicht viel Luft und ging daher am Nachmittag noch einmal in die Sprechstunde meines Hausarztes. Diesmal durfte ich immerhin rein. Er horchte mich ab und meinte, es würde sich in der Lunge etwas kratzig anhören, aber weiter könnte er nichts bemerken. Er verordnete mir einen Hustensaft mit Codein und ein Notfallrezept mit einem Antibiotikum, falls der Husten am Wochenende verschleimen sollte oder das Fieber stieg. Der Hustensaft bewirkte Wunder. Durch die Beruhigung der Lunge konnte ich wieder etwas besser atmen und mein Zustand entspannte sich ein wenig übers Wochenende. Das Antibiotikum benötigte ich nicht. Am Montag fuhr ich dann zu meinem CT-Termin und legte für die unsichtbaren Radiologen (ich berichtete bereits über dieses Phänomen) ein Schreiben zu meinen Unterlagen mit ausführlichen Informationen über meinen Zustand. Das betraf ganz akut die Probleme mit meiner Lunge, aber auch die zurückliegende Bestrahlung, die Leberprobleme und sonst noch so einiges.
Meine Onkologin meldete sich am nächsten Tag telefonisch bei mir, als sie den Befund per Fax erhalten hatte. Sie meinte, dass bis auf die Lunge alles in Ordnung sei. Was die Lunge betrifft, war sich der Radiologe unsicher. Es deutet wohl alles auf eine Art Lungenentzündung hin. Dazu passten auch die gestiegenen Entzündungswerte im letzten Blutbild. Wie es dazu kommen konnte, ist allerdings unklar. Meine Onkologin meinte, dass es sich möglicherweise um einen Strahlenschaden handeln könnte. Allein das Wort finde ich ausgesprochen beunruhigend. Es handelte sich auf jeden Fall eher um eine atypische Lungenentzündung – also keine, die durch klassische Erreger verursacht wird, gegen die ich darüber hinaus auch geimpft bin. Vermutlich war diese Entzündung wirklich durch die Bestrahlung verursacht worden, die die Lunge stark gereizt hat. Hinzu kam die Belastung der Schleimhäute durch die Chemo sowie die extrem kalte Luft und dazu im Kontrast die trockene Heizungsluft im Haus. Alles zusammen genommen, haben diese Reizungen zu einer Entzündung der Lunge geführt. Die für den nächsten Tag geplante dritte Chemo konnte demnach nicht stattfinden. Meine Onkologin wollte unter diesen Umständen mindestens eine Woche abwarten, eventuell auch zwei. Nach vier Wochen soll dann ein weiteres CT der Lunge erstellt werden, in der Hoffnung, dass alles wieder in Ordnung ist und auch der Zustand nach Bestrahlung beurteilt werden kann. Dies war nämlich aufgrund des offensichtlichen Schlachtfeldes in der Lunge im aktuellen CT nicht möglich.
Letztlich haben wir die Chemo um zwei Wochen verschoben. Das Fieber war schon lange weg, die Kopfschmerzen auch. Reizhusten hatte ich nur noch selten, hauptsächlich nach Anstrengung. Allerdings hatte ich nach wie vor mit Atemnot zu kämpfen. Abgesehen von Sitzen und Liegen warfen mich die kleinsten Tätigkeiten aus der Bahn. Als ich dachte, es würde mir einigermaßen gut gehen, wollte ich einmal kurz durchsaugen und bin dabei fast in Ohnmacht gefallen. Seit ein paar Tagen geht es mir besser und daher hatte ich dann diesen Mittwoch die dritte Chemo für dieses Jahr. Zur Zeit stehe ich noch unter Kortison bis zum Wochenende. Ich versuche die Dosis wieder um 2 mg zu reduzieren, mal sehen, wie es klappt. Vom Grundsatz her ist Kortison für meine Lunge vielleicht gar nicht mal so schlecht, da es Entzündungen reduziert. Seit ich auf Kortison bin, sind die Atemprobleme immerhin fast komplett weg.
Und dann ist da noch das Thema mit der Corona-Impfung. Meine ehrlich gesagt eher leichte Form der Lungenentzündung hat mich doch recht panisch werden lassen. Ich möchte mir nun nicht mal ansatzweise vorstellen, wie es mir mit Corona gehen würde! Von meiner Onkologin erhielt ich immerhin schon mal das Berechtigungsschreiben, welches mich in die Prioritätengruppe 2 hochstuft. Fehlte noch der Impftermin. Und endlich kam auch Schleswig-Holstein in die Gänge. Am Dienstag, den 9.3.21 um 17 Uhr sollte es losgehen – die Prioritätengruppe 2 durfte sich online zur Impfung anmelden. Aufgrund der Pressemeldung, dass 860.000 Impfberechtigten der Gruppe 2 in Schleswig-Holstein erstmal nur 200.000 Impftermine gegenüber stehen, war ich zwei Tage lang völlig außer mir. Ich befürchtete, das der Server zusammenstürzen würde oder ich trotz rechtzeitigem Einloggen auf der website auf Platz 420.000 landen würde und damit keine Chance mehr auf einen Termin hätte. Als mein Sohn mir am Dienstag gegen 16 Uhr verkündete, er wäre von meinem Ex-Mann beauftragt worden, einen Termin für seine 82-jährige Mutter zu buchen, da er selber in einer Konferenz sei, platzte mir der Kragen. Nun befürchtete ich nämlich zusätzlich, dass unser Router streiken würde, wenn wir beide parallel auf die Impfseite zugreifen. Zumal meine Tochter währenddessen in ihrem Zimmer in Dauerschleife Netflixserien auf ihrem Handy streamt und parallel über WhatsApp mit drei Freundinnen telefoniert. Vermutlich hat sich auch noch der Hund mein Tablet gemopst, um damit gemütlich in seinem Körbchen leckere neue Hundefuttervarianten zu shoppen. Nach einiger Diskussion meldeten wir uns kurz nach halb fünf auf der Impf-Website an, um mal zu sehen, wie es dort aussieht. Wir landeten in einer Art „Vorwarteschleife“ und es lief ein Countdown. Nach Ablauf sollte man dann automatisch in die richtige Warteschleife überführt werden, bis ein Platz auf der Reservierungsseite frei sein würde. Daher erlaubte ich nun auch meinem Sohn sich auf seinem Laptop anzumelden. So warteten wir beide einträchtig darauf, dass sich der Countdown auf die 0 bewegt. Es war irgendwie wie Silvester und es klappte tatsächlich. Punkt 17.00 Uhr wurden wir beide in die Warteschleife der Impfseite überführt und bekamen unseren „Rang“ in der Warteschleife mitgeteilt. Ich war irgendwo auf Platz 56.800 und mein Sohn auf Platz 78.400. Ein kleines Männchen auf einem Balken zeigte den Fortschritt – frustrierend weit links. Es dauerte ungefähr 40 Minuten, dann wurde ich auf die Impfseite weitergeleitet. Endlich ging es los! Ich war so aufgeregt und immer noch darauf gefasst, dass etwas schief gehen könnte. Man konnte sogar für bis zu drei Personen buchen. Zunächst wollte ich also für mich, meinen Vater und meine Ex-Schwiegermutter gemeinsam buchen. Dann delegierte ich die Schwiegermutter doch lieber an meinen Sohn und versuchte es nur für mich und meinen Vater. Nach Registrierung erhielt ich eine email zur Verifizierung und erst danach war die Terminbuchung möglich. Alles ich alles erfasst hatte und die Buchung abschicken wollte, kam die Fehlermeldung „403“ – ohne weitere Erklärung. Auf jeden Fall ging nichts mehr. Ich wurde leicht panisch. Zum Glück konnte ich auf der Website soweit zurückgehen, dass ich wieder am Anfang des Buchungsprozesses stand ohne noch einmal 40 Minuten in der Warteschleife zu hängen. Ich versuchte es diesmal nur mit einem Termin für mich – und es klappte. Ich habe jetzt einen bestätigten Impftermin am 12. April 2021 und bin so glücklich, als hätte ich im Lotto gewonnen! Nun war allerdings der Impftermin für meinen Vater noch nicht gemacht. Ich hoffte, dass noch Termine verfügbar wären, denn mittlerweile war es nach 18 Uhr. Doch oh Wunder! Ich kam direkt auf die Website ohne Warteschleife und konnte problemlos einen Termin für ihn ergattern. Auch die Buchung des Termins für meine Ex-Schwiegermutter durch meinen Sohn hatte zwischenzeitlich geklappt und so waren wir alle glücklich, aber auch ziemlich erschöpft von diesem nervenaufreibenden Marathon!
Bis zu meinem Impftermin sind es jetzt noch genau vier Wochen und drei Tage. Die Angst, es könnte in dieser Zeit noch etwas schief gehen, lässt mich nicht wirklich los. Zumal Schleswig-Holstein irgendwie der Meinung ist, nun sei es wohl trotz beunruhigender Mutationen und unzureichender Impfstoffversorgung an der Zeit deutliche Lockerungen vorzunehmen. Seit vergangenem Montag ist bei uns der Einzelhandel geöffnet – ohne Termin. Jeder darf hineinspazieren im Rahmen einer gewissen Kapazitätsbeschränkung. Seitdem geht es in der Innenstadt zu, wie auf einem Volksfest. Außerdem müssen die Kinder seit dieser Woche nach und nach in den Präsenzunterricht zurückkehren – obwohl wir bereits in zweieinhalb Wochen Osterferien haben und obwohl sich die Inzidenzwerte in unserem und den beiden Nachbarkreisen bereits auf Mitte 70 erhöht haben. Damit liegen wir deutlich über den Werten von Hamburg. Nach den Osterferien hätte sich sicherlich schon vieles – zumindest was Impfstoff und Temperaturen anbelangt – entspannt. Doch nein – es muss jetzt sein. Kinder, Lehrer und Eltern werden Gefahren ausgesetzt, die meines Erachtens wirklich nicht sein müssten. Zum Glück sind beide meiner Kinder im Wechselunterricht und müssen erst am 22. März mit der Präsenzbeschulung starten. Die Woche darauf ist dann noch einmal die andere Gruppe dran und dann sind Osterferien. Also nur fünf Risikotage für meine Kinder – kann aber schon reichen, wenn’s dumm läuft. Zur Sicherheit habe ich jetzt übers Internet Corona-Selbsttests für Zuhause bestellt (in Läden und Apotheken sind die ja schon längst ausverkauft). Wir werden hier auf jeden Fall testen, was das Zeug hält und erst am 12. April werde ich dann hoffentlich durchatmen können.
Die Umsätze in meinem Online-Shop bei etsy.com sind leider auch Opfer politischer Entscheidungen geworden. Nachdem Mitte Januar verkündet wurde, dass nur noch „medizinische“ Masken die „wahren“ Masken sind, sind meine Maskenverkäufe um 100% eingebrochen. Bei einer Entscheidung ausschließlich zu Gunsten FFP2-Masken, wie zum Beispiel in Bayern, hätte ich das ja noch eingesehen. Aber diese flimsigen, einlagigen „OP“-Masken, die bei den meisten Menschen ständig knapp unter der Nase hängen, können bestimmt nicht besser sein, als eine gut sitzende, solide, zwei- oder dreilagige Stoffmaske.
Nun ja, durch meine gesundheitlichen Probleme wäre ich in den letzten Wochen sowieso kaum in der Lage gewesen, einer erhöhten Nachfrage nachzukommen. So hat es vielleicht auch sein Gutes. Ich habe stattdessen ein paar süße Dekoanhänger für Ostern gezaubert, neue Weinglaslampenschirmchen mit maritimen Stickdesigns und ein paar Kissenhüllen. Außerdem habe ich meine Produktpalette mit tollen selbst entworfenen Grußkarten erweitert, von denen ich inzwischen 25 verschieden Varianten anbiete. Guckt unbedingt mal rein, Ihr findet meinen shop unter: bluemchenfeedesign.etsy.com
Ich plane noch weitere Dinge, wie Kissenbezüge und Tischsets sowie Läufer, mit Stoff bezogene Kisten, originelle Clutches und waschbare Abschminkpads mit süßen Beuteln. Auch mit Haarbändern im wieder angesagtem Scrunchie-Look habe ich schon experimentiert und dabei sind zwei sehr schöne Stücke entstanden – die trage ich aber zur Zeit ausschließlich selbst – meine Haarlänge lässt es zum Glück wieder zu. Doch vielleicht kommen sie auch in mein Sortiment.
Das alles will ich nach und nach und ohne Stress umsetzen. Damit mir aber nicht langweilig wird, habe ich mich jetzt endlich an ein neues Projekt begeben, welches mir seit ein paar Jahren im Kopf herumgeistert. Ich möchte einen Ratgeber zum Thema Krebs schreiben und habe dafür bereits ein erstes Gerüst erstellt und die ersten Kapitel geschrieben. Es liegt jedoch noch viel Arbeit vor mir. Vor allem auch viel Recherche. Realistischerweise werde ich ein Jahr dafür benötigen. Doch ich habe ein sehr gutes Gefühl und glaube das Buch könnte der Knaller werden! Vor allem soll es sich von den üblichen Ratgebern abheben und ich habe dafür auch schon ein paar Ideen. Der Schwerpunkt wird anders liegen, als bei meinem Blog. Ich werde im Ratgeber natürlich auch stark meine persönlichen Erfahrungen einbringen, aber im Gegensatz zum Blog wird sich das Buch nicht so sehr mit meinem Alltag beschäftigen. Das Buch soll den Leser in die Lage versetzen, mit seiner Krebserkrankung selbstbewusst und eigenverantwortlich umzugehen, sowie glasklare und mündige Entscheidungen treffen zu können. Dem Betroffenen soll das Gefühl vermittelt werden, trotz seiner ernsten Situation alles im Griff zu haben und zu wissen, dass immer noch etwas geht. Daher ist mein derzeitiger Titel (der sich wahrscheinlich noch x-Mal ändern wird): „Den Krebs im Körper – die Zukunft im Griff“ – Untertitel: „Irgendwas geht immer! Ein Mitmach-Buch für Betroffene und Angehörige“
Wenn Ihr originelle Ideen habt oder Empfehlungen, wie Ihr Euch einen idealen Ratgeber vorstellt – so sind mir Eure Anregungen herzlich willkommen!
Ich wünsche Euch allen einen schönen Start in den Frühling, der hoffentlich jetzt mit großen Schritten auf uns zu eilt und so manches zum Positiven verändern wird – passt weiterhin gut auf Euch und andere auf!
Werbung für eigenen Online-Shop.